Das Organigramm scheint eine der typischen Formalitäten zu sein, die ein Unternehmen abhaken muss. Ich habe bei Unternehmern oft gesehen und gehört, dass sie irgendwann eines erstellt haben, um es dann in einer Schublade aufzubewahren. Doch das Organigramm hat einen Sinn und besitzt großen Wert für das Unternehmen, wenn es richtig gemacht wird und die Schlussfolgerungen, die sich daraus ergeben, umgesetzt werden.
Was ist ein Unternehmensorganigramm?
Die Definition von Organigramm in der Wikipedia lautet wie folgt:
"Das Organigramm ist eine grafische Darstellung der Struktur eines Unternehmens oder einer anderen Organisation. Es enthält die organisatorischen Einheiten und in einigen Fällen die Personen, die diese leiten. Damit werden die hierarchischen Beziehungen und Kompetenzebenen abgebildet."
Bevor ich diese Definition kaufe, möchte ich kurz zurückspulen, um dem Ursprung des Begriffs Organigramm auf die Spur zu kommen:
Organigramm = Organisation + Diagramm
- Organisation – das Wort hat griechische Wurzeln: Erstellung und Anordnung der Teile des Körpers und seiner Funktionen bei einem Lebewesen gemäß den Anforderungen des Lebens.
- Das Wort Diagramm stammt ebenfalls aus dem Griechischen: διάγραμμα bedeutet Schema, Zeichnung.
Überträgt man diese Definition auf die Unternehmenswelt, lässt sich Folgendes zum Organigramm sagen:
Das Organigramm ist ein Schema, das bei der Erstellung (Definition von Arbeitsplätzen) und Anordnung (ihre Beziehung zueinander) der Teile des Unternehmens und deren Funktionen (Abteilungen und Verantwortlichkeiten) gemäß den Anforderungen (Vision) des Lebens (Unternehmen) hilft.
Anders ausgedrückt muss das Organigramm ein Tool sein, das dazu beiträgt, die Unternehmensvision zu erreichen.
Wie muss das Organigramm beschaffen sein?
Das Organigramm ist ein Werkzeug auf dem Weg hin zur Unternehmensvision; es darf daher nicht nur ein bloßes Schema sein, das die aktuelle Situation des Unternehmens abbildet. Vielmehr sollte man sich folgende Schlüsselfrage stellen:
Wie muss die Struktur des Unternehmens aussehen, um die Ziele der nächsten 6 bis 12 Monate zu erreichen?
Außerdem ist das Organigramm um ein Vielfaches nützlicher, wenn in jedem Kästchen nicht nur Namen oder Titel vermerkt sind, sondern dazu auch eine Rolle (Verantwortlichkeiten) im Unternehmen definiert wird.
Das Rollen-Organigramm:
- Ein abstraktes Modell der Verantwortlichkeiten und deren Beziehung zueinander innerhalb des Unternehmens
- Ein Tool für die Schaffung der optimalen Struktur für die nächsten 6-12 Monate
- Muss leicht zu lesen und zu interpretieren sein
- Eine Person kann zwei Rollen innehaben (und folglich zweimal im Organigramm stehen), doch eine Verantwortlichkeit darf nie zweimal auftauchen
Organigramm = starre Hierarchien?
Das Vorhandensein eines Organigramms bedeutet nicht automatisch, dass das Unternehmen eine sehr strenge, vertikale Hierarchie hat. Das heißt, dass alle Unternehmen ein Organigramm haben oder haben sollten, auch wenn ihre Weisungskette noch so flach ist. Die Starrheit der Struktur bzw. die Vertikalität der Hierarchie werden nicht von einem Organigramm bestimmt, sondern von der Kommunikationskultur des Unternehmens.
Formate des Unternehmensorganigramms
Zur Erstellung eines Unternehmensorganigramms gibt es verschiedene Formate, die letztlich aber alle demselben Zweck dienen; was sich ändert, ist nur die Art der Darstellung:
- Vertikal - Das klassische, bekannteste Organigramm. Die Hierarchien werden in Pyramidenform dargestellt. Die höchste Autorität steht oben.
- Horizontal - Das Prinzip ist das gleiche wie beim vertikalen Organigramm, das einfach um 90º gegen den Uhrzeigersinn gedreht wird. Meist wird es verwendet, um den Eindruck starker Hierarchien oder das Gefühl, dass eine Person unter einer anderen steht, zu vermeiden.
- Gemischt - Eine Kombination der beiden vorgenannten Varianten.
- Kreisförmig - In diesem Fall steht die höchste Autorität in der Mitte, und um sie herum sind die Abteilungen und Autoritätsstufen angeordnet.
- Skalar - Die höchste Autorität steht oben, die Autoritätsstufen werden mit Hilfe von Einzügen veranschaulicht.
- Tabellarisch - Eine Variante des skalaren Organigramms, bei der jedoch die Posten nicht mit Linien verbunden sind.
Da es also im Grunde darum geht, ein Format auszuwählen, mit dem die für das Unternehmen erforderliche Struktur schematisch aufgezeigt wird, empfehle ich ein Format, das für alle Mitarbeiter des Unternehmens leicht zu erfassen ist. Denn es ist unglaublich wichtig, dass alle Personen im Unternehmen das Organigramm verstehen. Deshalb ist meine erste Wahl das einfachste Modell, sprich das vertikale.
Wie muss das Organigramm des Unternehmens aussehen?
Im Internet gibt es zahlreiche Beispiele für Organigramme, machen Sie einfach eine Bildersuche nach „Organigramm“ in Google. Sie werden sehen, dass bei fast allen Treffern nur Folgendes abgebildet ist:
- Der Name der Person, und/oder
- Die Stellenbezeichnung
Sonst nichts. Das Problem mit diesen Organigrammen ist, dass sie alle gleich sind – man könnte also das Organigramm einer Bank gegen das einer Versicherung austauschen, oder das einer Consultingfirma mit dem einer Sprachenschule. Ein solches Organigramm erläutert weder die Stelle noch ihre Funktionen und schafft daher keine Klarheit. Es wirkt eher wie ein Diplom, das im Konferenzraum aushängt, um einen Ruf zu unterstreichen oder Eindruck zu machen. Schön anzusehen, aber ohne jeglichen praktischen Wert. Das sollte aber nicht so sein. Erinnern wir uns:
Das Organigramm ist ein Schema, das uns bei der Definition der Arbeitsplätze und ihrer Funktionen hilft und die zwischen diesen bestehenden Verbindungen auf dem Weg zur Unternehmensvision verdeutlicht.
Wie kann man es also besser machen?
Für jede Rolle / verantwortungsvolle Stelle müssen folgende Daten aufgeführt sein:
- Bezeichnung der Rolle / Stelle – jede unterschiedliche Rolle muss auch eine eigene Bezeichnung haben.
- Name – die Person, die die Verantwortlichkeiten der Rolle übernimmt. Eine Person kann vorübergehend zwei Rollen innehaben (z.B. wenn eine neue Stelle geschaffen wird und die richtige Person dafür noch nicht gefunden ist).
- 4 - 6 Hauptverantwortlichkeiten – der wichtigste Aspekt des Organigramms ist die Definition der wichtigsten Verantwortlichkeiten für jede Rolle.
- Anordnung – wo befindet sich die Rolle innerhalb des Unternehmens, welcher Rolle untersteht sie und/oder unterstehen ihr andere Rollen.
Das Organigramm des Unternehmens muss jederzeit für alle Mitarbeiter zugänglich sein. Das kann im Intranet des Unternehmens sein, in Form eines Dokuments auf Google Drive, oder man hängt einfach einen Ausdruck an einem gut sichtbaren Platz im Unternehmen auf. Deshalb ist es wichtig, dass im Organigramm des Unternehmens auch folgende Informationen zu finden sind:
- Marke – es handelt sich um ein offizielles Dokument des Unternehmens, deshalb muss sein Name oder die Marke(n) vermerkt sein.
- Verantwortlicher – eine einzige Person muss für die Aktualisierung des Organigramms verantwortlich sein.
- Datum – wie jedes Arbeitsdokument trägt es eine Versionsnummer und das Datum der letzten Aktualisierung.
Nachfolgend zwei Beispiele:
Beispiel für die Definition von zwei verschiedenen Stellen
*LMA – Verantwortung für unterstellte Mitarbeiter (aus dem Englischen: lead, manage, hold accountable)
Muster-Organigramm mit 20+ Stellen
Wichtig: Das Organigramm der Verantwortlichkeiten veranschaulicht die Funktionen, Verantwortlichkeiten und die Reporting-Struktur, aber nicht die Kommunikationsstruktur! Die Kommunikation im Unternehmen muss über alle Linien und Abteilungen hinweg im Einklang mit den aktuellen Anforderungen frei fließen können, sodass eine offene Kultur des Vertrauens entsteht. Das Organigramm darf in keinem Fall Trennungen oder Hürden schaffen.
Außerdem handelt es sich beim Unternehmensorganigramm um ein Arbeitsdokument, das Veränderungen angepasst und demzufolge aktualisiert werden muss. Als Richtwert sei gesagt, dass bei einem jährlichen Wachstum von 20% etwa alle 90 Tage eine Anpassung nötig ist.
Definition einer Stelle im Organigramm
Zur Definition einer Stelle im Unternehmensorganigramm müssen die wichtigsten Verantwortlichkeiten identifiziert werden. Diese Arbeit sollte besser nicht der Generaldirektor, jemand aus der Personalabteilung oder ein Abteilungsleiter alleine machen. Vielmehr ist Teamarbeit gefragt, und die Beiträge und das Know-how aller Beteiligten sorgen dafür, dass es funktioniert.
Die besten Ergebnisse erzielt man, wenn man mit dem Management-Team beginnt, um den oberen Teil des Organigramms zu erstellen, und dann auf den Ebenen der Abteilungen oder Bereiche weitermacht. Zur Definition der Rollen in jedem Bereich empfehle ich, die Personen mit einzubeziehen, die dort tätig sind.
Software zur Erstellung eines Organigramms
Wenn Sie angefangen haben, das Organigramm auf einem Blatt Papier zu skizzieren, dann wird es Zeit, das Ganze etwas professioneller anzugehen. Es gibt zahlreiche kostenlose und zahlungspflichtige Optionen, um es in einem leicht zu bearbeitenden Format zu erstellen, das für jedermann zugänglich ist.
Excel und Word – Ich habe jahrelang diese Programme verwendet, weil sie benutzerfreundlich und leicht verfügbar sind. (Fast) jeder kennt und nutzt sie. Gehen Sie im Menü auf Einfügen, dann SmartArt. Dort gibt es Vorlagen für Organigramme.
Xmind – Ein Tool zum Herunterladen, das Grafiken aller Art zulässt. Es wurde ursprünglich für Mindmaps (Gedankenkarten) entwickelt und bietet Vorlagen aller Art und endlose Möglichkeiten. Zweifellos eine gute Option für all jene, die gerne mit Software arbeiten. Zur Webseite
Lucidchart – Online-Tool zur Erstellung von Schemata aller Art. Vorteile sind der hohe Grad an Professionalität und die vielen Optionen. Nachteilig fällt ins Gewicht, dass es ausschließlich online ist und bei intensiverer Nutzung kostenpflichtig. Zur Webseite
CmapTools - Ein höchst komplettes Tool, das für das Design von Grafiken, Mindmaps und auch von Organigrammen genutzt wird. Zur Webseite
Microsoft Visio – Ein sehr komplettes Programm von Microsoft zur automatisierten Erstellung von Organigrammen mit bis zu 1.000 Stellen. Zur Webseite
Der Strategie-Hut
Die Erstellung eines Organigramms kann für das Unternehmen von großem Wert sein, wenn dabei die Verantwortlichkeiten der Rollen mit einbezogen werden und man die Herausforderungen berücksichtigt, denen das Unternehmen in den kommenden 12 Monaten begegnen wird. Ja, es macht mehr Arbeit. Aber es zwingt uns dazu, über den Alltagstrott im Unternehmen hinwegzublicken und uns den Strategie-Hut aufzusetzen, um die Struktur des Unternehmens geradezurücken. Die Ergebnisse sind äußerst wertvoll: Klarheit über die Verantwortlichkeiten, gemeinsame Ausrichtung des Teams, bessere Kommunikation.
Nehmen Sie sich die Zeit dafür!
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