Umsatz und Gewinn: offenlegen oder nicht?

Sehr häufig stehe ich in Unternehmen vor der Frage, ob sie im Hinblick auf wirtschaftliche und finanzielle Angelegenheiten die Karten auf den Tisch legen, also dem Team Umsatz und Gewinn mitteilen sollen. Wenn ich anfange, mit ihnen zu arbeiten, teilen die meisten Unternehmen diese Daten nicht mit dem Management-Team.

Facturación y beneficio: ¿compartir la información…?

Drei Unternehmen, drei Fallstudien

Das Unternehmen ABC hat über 30 Mitarbeiter, ist im Technologiebereich tätig und verzeichnet ein jährliches Wachstum von etwa 25%. Obwohl es ein etabliertes Management-Team hat, wurden die Geschäftszahlen des Unternehmens noch nie preisgegeben, weder der Umsatz noch der Gewinn. Auf die Frage nach dem Grund dafür heißt es, dass der Umsatz im Vergleich zur Mitarbeiterzahl sehr niedrig ist und dies zu Verunsicherung unter den Schlüsselpersonen und möglichen Kündigungen führen könnte.

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Das Unternehmen XYZ mit Sitz in Barcelona aus dem Einzelhandelssektor hat mehr als 75 Mitarbeiter. Das Management-Team besteht aus fünf Personen, und im Rahmen des Organigramms der Verantwortlichkeiten hat der Eigentümer die finanzielle Leitung des Unternehmens inne. Das Management-Team hat Zugang zu den Umsatzzahlen, aber nicht zur Brutto- oder Nettomarge. Hier lautet die Begründung, dass das Management-Team diese Daten für seine Arbeit nicht braucht. Auf weitere Nachfrage kommt heraus, dass außerdem Forderungen nach Gehaltserhöhungen befürchtet werden.

Ein anderes Unternehmen, das dieses Thema komplett anders handhabt, ist im Bereich Online-Marketing angesiedelt. In den vergangenen vier Jahren ist es im Durchschnitt über 30% gewachsen und hat derzeit ein Team von mehr als 30 Mitarbeitern. Der CEO und Eigentümer beschloss, vom ersten Moment an alle Finanzinformationen mit seinem gesamten Team zu teilen. Die Mitarbeiter wissen über Umsatz und Gewinn Bescheid.

Große Unternehmen und KMUs

Verlässt man für einen Moment die Welt der KMUs und begibt sich in die Sphären börsennotierter Unternehmen, so kann jeder deren wirtschaftliche Lage einsehen. Die Informationen sind für jedermann zugänglich und mit nur wenigen Klicks zu finden. Auch in mittleren Unternehmen mit 300 bis 1.000 Mitarbeitern kennt das Management-Team die Finanzdaten des Unternehmens. Dort gibt es immer eine/n Finanzdirektor/in, der/die die Geschäftsergebnisse, den Cashflow und den Umsatz überwacht.

Das heißt: Etwas geschieht in und mit Unternehmen, die im Wachstum begriffen sind. Es gibt einen Moment, in dem die meisten Unternehmen, die ihre Finanzinformationen nicht offenlegen, dazu übergehen, es zu tun. Hier stellen sich drei Fragen:

  • Warum sollten Sie es tun?
  • Wann sollten Sie es tun?
  • Wie sollten Sie es tun?

Sollte man Finanzinformationen lieber für sich behalten?

Zunächst möchte ich mich auf die Frage konzentrieren, warum Sie es tun sollten. Die Antwort darauf wird Ihnen bei der Klärung der anderen beiden Aspekte helfen.

Ich bekomme hauptsächlich vier Gründe zu hören, warum die Wirtschaftsdaten dem Management-Team nicht offengelegt werden:

  • Gehaltserhöhungen: Viele Unternehmer erzählen mir, dass Sie Angst haben, dass dadurch eine Lawine von Forderungen nach Gehaltserhöhungen losgetreten werde. In diese Kategorie fallen auch Argumente wie „Die Mitarbeiter würden den Gewinn neidvoll betrachten.“
    Der Mythos: Es besteht die Möglichkeit, dass in einigen Fällen solche Forderungen laut werden, wenn die Betroffenen ohnehin das Gefühl haben, nicht gerecht bezahlt zu werden. Doch in den Analysen und Statistiken über Gehaltserhöhungen werden Unternehmensgewinne nie als Begründung aufgeführt. Was zählt, ist immer der persönliche Beitrag jeder Person. Hier ein interessanter Artikel aus der Zeitschrift Forbes über die Rechtfertigung von Gehaltserhöhungen..
  • Instabiles Unternehmen: Ein weiteres Argument bezieht sich auf das genaue Gegenteil: Wenn die Gewinne sehr gering ausfallen und der Profit des Unternehmens ein wahrer Drahtseilakt ist, befürchten manche, dass die Schlüsselmitarbeiter das Unternehmen auf Grund fehlender wirtschaftlicher Stabilität verlassen könnten.
    Der Mythos: Zahlreiche Studien und Artikel befassen sich damit, warum qualifizierte Arbeitskräfte ihr Unternehmen verlassen. Nirgends werden Sie das Argument finden, dass das Unternehmen wenig Gewinn macht. Ganz anders sieht es natürlich aus, wenn Gehälter nicht bezahlt werden oder es bereits zu Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen gekommen ist.
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  • Vertraulichkeit: Immer wieder hört man das Argument, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, die auf keinen Fall in die Hände der Konkurrenz gelangen dürfen. Deshalb ist der sicherste Weg, sie einfach mit niemandem zu teilen.
    Der Mythos: Es gibt viele Informationen, die Sie vor der Konkurrenz geheim halten möchten, die Wirtschaftsdaten sind nur ein Teil davon. Ihre Mitarbeiter haben bereits Zugang zu jeder Menge wertvoller Informationen, die sie an die Konkurrenz weitergeben könnten und die für diese sicherlich interessanter wären als Umsatz oder Gewinn. Aber sie tun es nicht, und sie werden es auch mit den Zahlen des Unternehmens nicht tun.

  • Keine Vorteile: Und zuletzt treffe ich auch häufig auf Unternehmer, die über die Möglichkeit nachgedacht haben, die Finanzinformationen des Unternehmens mit Ihrem Management-Team und den Mitarbeitern zu teilen, aber keine Vorteile darin sehen. Ihnen fällt kein Argument ein, weshalb es sich lohnen würde.
    Der Mythos: Wenn Sie keine Vorteile sehen, dann beschreibe ich hier einige davon.

Das sind alles zulässige Argumente, wenngleich keines davon stichhaltig ist, sprich auf Fakten basiert. Es handelt sich um Emotionen, in den allermeisten Fällen Ängste. Und trifft man Entscheidungen, die auf Angst basieren, ist das nicht der beste Weg hin zur Vision des Unternehmens.

Drei Argumente, die dafür sprechen

Werfen wir also einen Blick auf die möglichen Vorteile davon, das Management-Team in die Finanzangelegenheiten des Unternehmens einzubinden.

  • Engagement
    Viele Unternehmer stellen mir die Frage, wie sie es schaffen können, dass sich ihre Führungskräfte stärker einbringen. Darauf antworte ich meist mit einer Gegenfrage: „Sind Sie Ihren Angestellten gegenüber transparent?“ Nur schwer gelingt es, dass sich die Personen einbringen, wenn man ihnen nicht vertraut und Teile des Unternehmens vor ihnen verheimlicht. Patrick Lencioni erläutert meisterhaft, dass das Vertrauen in das Unternehmen die Grundlage für das Erzielen von Ergebnissen ist. Das wird in der Vertrauenspyramide deutlich.

    Wenn Sie Ihrem Team die Wirtschaftsdaten des Unternehmens, die Umsatzzahlen und den Gewinn vorlegen, ist das ein wichtiger Schritt, um Ihrem Vertrauen Ausdruck zu verleihen. Im Gegenzug wird es stärker an das Unternehmen gebunden sein, mehr Engagement zeigen und bessere Ergebnisse liefern.
  • Reifere Führungskräfte
    Das Management-Team generiert die Ergebnisse des Unternehmens, seien diese gut oder schlecht. Und allein durch die Tatsache, dass ihnen die Finanzdaten, der Umsatz und die Gewinne vorgelegt werden, entsteht Verantwortungsbewusstsein.

    Manche Führungskräfte verstehen die Zahlen möglicherweise nicht; in diesen Fällen ist eine Mini-Fortbildung angebracht. Das Ergebnis sind letztlich reifere Führungskräfte mit einer globaleren Vision vom Unternehmen, dank der sie bessere Entscheidungen treffen können.

Oft habe ich miterlebt, dass der Unternehmer die gesamte Last der Verantwortung für die Finanzergebnisse des Unternehmens auf sich lädt und alleine trägt. Sie werden überrascht sein, wie dieser Druck nachlässt, wenn Sie sich verletzlich zeigen und einen Teil der Verantwortung an Ihr Management-Team abgeben. Die Mitglieder Ihres Führungsteams werden sich verändern, wenn Sie ihnen gegenüber mit Transparenz und Ehrlichkeit agieren und sie wie Erwachsene behandeln.

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  • Simplizität & Professionalität
    Transparenz zwingt Sie dazu, professioneller zu arbeiten. Viele Unternehmer behandeln das Geld des Unternehmens, als wäre es ihr persönliches Sparschwein. Die Folge sind ungenaue Berichte und Informationen über die finanzielle Lage der Organisation.

    Außerdem macht Transparenz Ihre Unterhaltungen mit dem Management-Team deutlich leichter, die Leitung des Unternehmens wird professioneller und einfacher. Simplifizieren gehört zu den fünf Managementkompetenzen des Unternehmers.

Wann Sie es tun sollten

Wie Sie im vorangehenden Absatz sicher bemerkt haben, bin ich klar dafür, das Management-Team und sogar alle Personen im Unternehmen in die Verantwortung für die Ergebnisse mit einzubeziehen. Der einzige Weg, das gut zu machen, führt über das Offenlegen der Finanzdaten des Unternehmens.

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Daher besteht für mich kein Zweifel, wann man damit beginnen sollte, die Umsatzzahlen und den Gewinn des Unternehmens zu teilen: vom ersten Tag an. Das heißt: Teilen Sie die Zahlen des Unternehmens mit dem ersten Mitarbeiter, den Sie einstellen.

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Wenn Ihnen dieser Ansatz zu offensiv erscheint und Sie sich zwar entschlossen haben, die Informationen freizugeben, es aber schrittweise angehen möchten, dann beginnen Sie mit Ihrem Management-Team oder Ihrer obersten Führungskraft (auch wenn Ihnen diese nicht ranghoch genug erscheinen mag). Beziehen Sie sie ein und erläutern Sie die Finanzlage des Unternehmens: Umsatz und Gewinn.

Wie Sie es tun sollten

Daten und Informationen haben nur den Wert, den ihr Empfänger ihnen beimisst. Oder anders gesagt, damit Informationen nützlich sind, muss man sie verstehen.

Wenn ich als EOS-Implementer mit den Management-Teams von Unternehmen mit zumeist zwischen 10 und 250 Mitarbeitern zusammenarbeite, legen wir die Umsatzziele und den gewünschten Profit vierteljährlich fest und bestimmen außerdem die Rocks. So werden die Finanzen zu einem wiederkehrenden Thema, das Bewusstsein dafür weckt, das Geplante dem Erreichten gegenüber zu stellen. Beim Umsatz handelt es sich um eine feste Zahl, der Gewinn (meist das EBITDA) ist ein prozentualer Anteil des Umsatzes.

Beim Gewinn arbeite ich lieber mit Prozentzahlen, weil man so ein Benchmarking bzw. eine Gegenüberstellung mit vorigen Jahren erstellen und Ziele für die Zukunft setzen kann.

Wenn es Teammitglieder gibt, die die Begriffe Umsatz und Gewinn oder EBITDA nicht verstehen, muss man sie ihnen erklären.

Andere Finanzdaten

Grundsätzlich gibt es ein einem Unternehmen drei verschiedene Blickwinkel auf die Wirtschaftslage:

  • Bilanz
  • Gewinn- und Verlustrechnung
  • Cashflow (Mittelfluss)

Ich vertrete die Meinung, dass das Management-Team die letzten beiden zumindest in den Grundzügen kennen und verstehen sollte. Es muss nachvollziehen, für welche buchhalterischen Posten das Unternehmen sein Geld ausgibt und wie es vom Cashflow profitieren kann... oder daran zugrunde gehen. Nur wenn das gesamte Management-Team mit diesen Daten vertraut ist, kann es Entscheidungen treffen, bei denen es das Gemeinwohl im Kopf behält.

Ich hoffe...

... dass ich Sie von den Vorteilen eines transparenten Umgangs mit den Umsatz- und Gewinnzahlen des Unternehmens überzeugen konnte. Dadurch ermöglichen Sie Ihrem Management-Team, reifer zu handeln und Sie so beim Wachstum Ihres Unternehmens und beim Ausschöpfen seines gesamten Potentials zu unterstützen.

 

Nächste Schritte...

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