Streitkultur: So gehst du mit Konflikten richtig um

Wer kennt das nicht: Man sitzt in einem Meeting und jeder weiß eigentlich, was das Problem ist, aber keiner hat den Mut oder den Willen, das Thema frontal anzusprechen. Eine halbe Stunde später wurde das Problem – im Einvernehmen aller Anwesenden – elegant umschifft. Am Schluss wurde „irgendetwas“ beschlossen, aber gelöst ist das Problem nicht. 

Oder auch das: In einem Einzelgespräch mit einem Kollegen fasst man den Mut, ein Problem offensiv anzugehen. Kaum ist das Thema angesprochen, geht die Bombe in die Luft und es werden nur noch giftige Pfeile abgeschossen, oder einer der beiden Gesprächspartner macht komplett dicht und es ist kein konstruktives Gespräch mehr möglich.

conflicto en el equipo directivo de una Pyme

Dabei ist Konflikt eigentlich positiv.

Einen Konflikt austragen bedeutet, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen, zu dem unterschiedliche Sichtweisen vorhanden sind. Das ist die Grundlage dafür, die richtige Lösung zu finden.

Konflikte sind auch jene, die nicht offen angesprochen werden; man spricht dann von einem internen Konflikt. Kommt das Thema auf den Tisch, ist es ein offener oder externer Konflikt.

Kurzum, Konflikte wird es immer geben.

In diesem Artikel geht es um externe Konflikte und wie wir diese besser handhaben können.


9 Regeln für ein besseres Konfliktmanagement


Im Folgenden findest du 9 Tipps, um das Konfliktmanagement in deinem Team zu verbessern. Diese Regeln gelten übrigens nicht nur bei der Arbeit, sondern auch im Privatleben.


1. - Keine Angst vor Konflikt


Es ist nicht leicht, ein heikles Thema anzusprechen. Meine Erfahrung mit dutzenden von Teams hat mir gezeigt, dass häufig aus falscher Rücksichtnahme wichtige Themen verschwiegen werden, um andere nicht vor den Kopf zu stoßen. Auch auf fehlendem Vertrauen basierende Ängste davor, durch eine unpassende Antwort selber verletzt zu werden, führen dazu, dass Dinge nicht angesprochen werden.

Bei fehlendem Vertrauen im Team gibt es leider keine schnelle Lösung, Teamarbeit als Grundlage ist hier unumgänglich. Einen guten Ansatz bietet P. Lencioni mit dem Modell „5 Dysfunktionen eines Teams“.

Fällt es hingegen einfach schwer, ein Thema anzugehen, kann der Satz „Ich werde jetzt mal etwas Konfliktives sagen…“ als Wegbereiter helfen, unangenehme Dinge zu benennen.

Kurzum, leg den Fisch auf den Tisch – sonst vermodert er darunter…


2. - Klare Kommunikation

Es ist schwierig, Dinge auf den Punkt zu bringen. Viele reden gerne, um sich zu sammeln oder auch um Lobby-Arbeit für die eigene Meinung zu machen. Das ist der Konfliktlösung nicht zuträglich. Versuche es mit folgender Struktur:

  1.    Was ist das Problem? Ein kurzer, präziser Satz.
  2.    Warum ist es relevant den Konflikt / das Problem zu lösen?
  3.    Was möchtest du in diesem Gespräch erreichen?
  • Informieren / informiert werden
  • Einen Austausch: Jeder sagt seine Meinung zum Thema
  • Eine Entscheidung treffen

Wenn dein Thema vorgetragen und verstanden wurde, halte dich mit weiteren Worten zurück. Schweige. Dieses Schweigen ist Gold.


3. - Sachlich statt persönlich

Wenn es in einer Debatte persönliche Attacken hagelt, wird jeder Konflikt unkonstruktiv. Häufig passiert das, wenn die eigene Meinung sich nicht durchsetzt, obwohl alle Argumente ins Feld geführt worden sind. Wenn keine Munition mehr übrig ist, kommt der Satz „Du bist ja sowieso immer…“.

Worte wie „nie“, „immer“ oder „du bist“ fallen alle in die Kategorie „persönliche Attacke“.

Bleib also auf der Sachebene, mit Fokus auf dem Problem. Es soll kein „ich gegen dich“ sein, sondern ein „wir gemeinsam gegen das Problem“.


4. - Es geht nicht ums Gewinnen

Da wäre der „wer-hat-Recht-Ansatz“, oder auch Gewinner-Verlierer-Ansatz. Dieser Ansatz führt dazu, dass beide Seiten bis aufs Blut diskutieren, schließlich verliert keiner gerne. Doch die Lösung eines Konfliktes oder einer Verhandlung besteht nicht darin, herauszufinden wer Recht hat.

Der Fokus sollte stattdessen darauf liegen, dass beide Seiten die jeweils andere verstanden haben und sich alle gehört fühlen.

 Wir können nicht immer alle die gleiche Meinung haben. Das ist auch nicht das Ziel eines Konfliktes.



5. - Die vier Grundregeln

  • Nichts ein- oder ausreden
    Der Versuch, andere von der eigenen Meinung zu überzeugen, führt meist zu nichts. Der eine argumentiert für die Option A, der andere für Option B. Je mehr Druck man macht, umso mehr fühlt sich der andere in die Ecke gedrängt und drückt zurück. Es geht nicht darum, den anderen zu überzeugen, sondern darum Lösungen zu finden, die für alle Seiten akzeptabel sind.
  • Nicht vergleichen
    Sagt Kai zu seiner neuen Flamme: „Meine letzte Freundin hat aber immer gerne mit mir …“ Es ist wohl für jeden offensichtlich, dass das gar nicht geht. Trotzdem greift man schnell zu Vergleichen: „Mitarbeiter XYZ macht das aber so…“ etc. Das führt in einer Verhandlung oder einem Konflikt zu keiner Lösung. Es verletzt nur und verhärtet die Fronten.
  • Nicht dramatisieren
    „Das ist das Schlimmste, was mir je untergekommen ist. Wenn das so ist, dann…!“ Heftige Drohungen und Übertreibungen sind ein Versuch, mittels Dramatisierung zu überzeugen. Ein unwirksames Mittel, um zum Erfolg zu kommen. Es führt dazu, dass die andere Partei auch übertreibt und zu unsachlichen Debatten.
  • Nicht bagatellisieren
    Das Gegenstück dazu ist, die Argumente und Sichtweisen des Gegenübers klein zu reden: „Das ist doch kein wirkliches Problem! Soll ich dir mal zeigen was ich alles für Probleme habe…?!“ Die andere Person fühlt sich nicht ernst genommen und die Chancen auf eine Einigung schwinden.

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6. - „Consensus kills companies“

Unternehmen mit einer stark personenzentrierten Firmenkultur verwenden oft Konsens als Entscheidungsmethodik. Das kann bei einem kleinen Team funktionieren, mit zwei Gründern zum Beispiel. Aber es ist keine solide Grundlage, eine Firma zu führen. Kaum vorstellbar, dass ein Elon Musk oder ein Marc Zuckerberg so weit gekommen sind, weil sie Konsens suchen.

Bei mehreren Beteiligten liegt es auf der Hand, dass nicht immer alle die gleiche Meinung haben können. Die Frage ist also, wer entscheidet, nachdem alle gehört und verstanden wurden? Das sollte die Person im Team sein, die den Hut dafür aufhat. Ein Organigramm der Verantwortlichkeiten ist ein hervorragendes Tool, um dieses Thema zu klären.


7. - Nicht abdriften

Manche Menschen sind sehr gut darin, neue Themen einzustreuen. In einer kreativen Brainstorming-Session ist das toll, bei der Lösung von Konflikten und Treffen von Entscheidungen meist weniger.

 Typisch ist die Situation, in der einer der Beteiligten merkt, dass seine Wunschlösung in weite Ferne rückt. Um das Unausweichliche (eine Entscheidung, die nicht in seinem Sinne ist) zu umschiffen, wird dann ein neues Thema eingeflochten. Mein Rat: Spring nicht auf dieses neue Pferd, sondern führe die Person elegant zurück zum Thema.



8. - Den Konflikt nicht zu früh beenden

Ich habe Diskussionen von dutzenden von Leadership Teams beiwohnen und moderieren dürfen. Eines haben alle gemein, und ich denke es macht uns menschlich: den Drang, zu einer Entscheidung zu gelangen.

Das ist gut und produktiv – aber nur, wenn das Problem auch klar und eindeutig identifiziert wurde. Sonst ganz und gar nicht. Kürzlich berichtete mir ein Leadership-Team, dass eines ihrer Produkte keinen Erfolg hat. Ein Meeting wurde anberaumt, um das Thema zu analysieren. Nach einer intensiven Debatte konnte zwar nicht ergründet werden, wo das Problem liegt, aber „eine Aktion musste trotzdem her“. Deshalb wurde kurzerhand „irgendetwas“ beschlossen.

Das Ergebnis in solchen Fällen ist, dass wir im Geiste das Problem abhaken, da ja „etwas“ unternommen wird. Aber gelöst ist es nicht.

Deshalb: dranbleiben. Ja, es ist nervenaufreibend. Ja, es kann emotional werden. Ja, es kann lange dauern. Aber besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.


9. - Der Ton macht die Musik

Konflikte sind für die meisten von uns schwierig. Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • Unsere evolutionäre Prägung
  • Angst vor Ablehnung
  • Kulturelle Prägung aus der Familie und dem Umfeld
  • Der Wunsch, unser Selbstbild zu schützen
  • Etc.

Umso wichtiger ist es, den richtigen Ton zu treffen, wenn wir Themen ansprechen und damit Konflikte auf den Tisch legen. Gerne zitiere ich das Buch „Radical Candor“ von Kim Scott. Radical Candor heißt: „direkt herausfordern“ auf der einen Seite und „dem anderen persönlich wohlgesinnt sein“ auf der anderen.

Mit anderen Worten: Je heikler oder persönlicher ein Thema ist, umso mehr „Liebe“ muss in die Kommunikation gelegt werden. Das fängt mit der Frage an, ob es ein guter Zeitpunkt ist, etwas anzusprechen. Außerdem muss es der anderen Person in jedem Moment klar sein, dass man mit den besten Absichten für den Gegenüber handelt.


Es kommt gut!

Wenn du mich häufiger liest, weißt du, dass ich gerne sage, dass Menschen und Verhalten sich selten sprunghaft ändern, sondern wir uns jeden Tag ein kleines bisschen verändern können. Erwarte deshalb nicht, dass du morgen alles anwenden kannst. Aber vielleicht gibt es ja einen Punkt, der dir besonders am Herzen liegt oder der dich besonders angesprochen hat. Dann nimm dir diesen einen und setze ihn in die Tat um. Wenn es emotional wird, ist es ohnehin schon schwer genug, die Ruhe zu bewahren und an die neun Tipps hier zu denken. Nach einiger Zeit kannst du den Artikel nochmals durchlesen und dir einen zweiten Punkt heraussuchen. Und immer so weiter…

Als kleine Erinnerung und zum Abschluss: Oben hatte ich gesagt, alle diese Punkte treffen auch im Privatleben zu. Denn am Ende sind wir die gleichen Menschen, egal ob im Beruf, mit Freunden, mit dem Lebenspartner oder unseren Kindern. Es gibt also viele Gelegenheiten zum Üben, nicht nur bei der Arbeit 😉

Nächste Schritte...

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