Es gibt sicher viele Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens und viele, sehr viele Stellschrauben, an denen man drehen kann und auch muss. Aber als der mit Abstand größte Indikator für den zukünftigen Erfolg eines Unternehmens sticht einer heraus:
Die Qualität des Leadership Teams.
Das ist vielleicht keine Überraschung. Dennoch sehe ich häufig, dass faule Äpfel in der Führungsetage zu lange geduldet werden und dass der kritische Blick im Organigramm eher nach unten wandert, anstatt im Leadership Team einmal genauer hinzusehen.
„Der Abstand vom Leader zu seinem Team ist eine Konstante“: so gut wie der Leader oder Manager, so gut ist auch sein Team. Besserer Leader, besseres Team und umgekehrt.
Es mag sein, dass so wenig Fokus auf das Leadership Team, seine Struktur, Besetzung und Funktionsweise gerichtet wird, weil ganz einfach keine Klarheit darüber besteht, was eigentlich ein gutes Leadership Team ausmacht.
Warum scheitern Leadership Teams?
Der Schwerpunkt liegt meist beim Wissen: die Ausbildung der Mitarbeitenden, ihre Erfahrung, wie effektiv sie sind. Dagegen wird meist übersehen, wie gut sie als Team zusammenarbeiten. Und das ist ein großer Fehler, denn dysfunktionale Teams können selbst den besten Plan zu Fall bringen: „Firmenkultur schlägt Strategie um Längen“, lautet das berühmte Zitat von Peter Drucker, legendärer Managementberater und Autor.
Die drei Arten von Dysfunktionalität in (Leadership-)Teams
Leadership Teams fallen für gewöhnlich in eine der folgenden drei Kategorien. Zu diesem Schluss kommen T. Keil und M. Zangrillo in einem Artikel in der Harvard Business Review. Und meine Beobachtungen nach fast zehn Jahren der Zusammenarbeit mit dutzenden von Führungsteams können dies bestätigen:
- Haifischbecken
- Streichelzoo
- Mittelmaß
Schauen wir uns an, was das im Einzelnen bedeutet und was man dagegen tun kann (und sollte, wenn man seine Unternehmensziele erreichen möchte).
1. Das Haifischbecken
Im Haifischbecken stehen Machtkämpfe und politische Manöver auf der Tagesordnung. Aus dem Buch Teams Unleashed stammt das rechts abgebildete Modell, in dem die Autoren von der Roten Ecke sprechen: Der Fokus liegt allein auf Umsatz, Profit und Zielerfüllung. Bonusstrukturen sind so aufgestellt, dass Ergebnisse um jeden Preis erzielt werden; Zusammenarbeit und Teamgeist sind dem Erreichen der persönlichen Ziele untergeordnet. „Ich habe meinen Job gemacht.
Ich hoffe das kannst du auch von dir behaupten!“ kann man hier hören. Meetings sind ein Schlachtfeld persönlicher Interessen, Entscheidungen werden in harten Kämpfen ausgefochten anstatt durch offenen Austausch. Es ist schwierig, eine gemeinsame Linie zu finden und strategische Ziele bleiben auf der Strecke.
Kaum ein Team wird einräumen, dass obige Beschreibung auf es zutrifft, doch es gibt Frühwarnzeichen, dass man auf dem besten Weg zu diesem Zustand ist:
- Teammitglieder kommen einzeln auf den Manager zu, obwohl es ein Thema für das gesamte Team wäre
- Ein fortgeschrittenes Stadium ist erreicht, wenn Entscheidungsfindung in Schreiduelle ausartet
- Entscheidungen können erst getroffen werden, wenn einer einknickt: „Egal, macht doch was ihr wollt“
2. Der Streichelzoo
Im Streichelzoo herrscht Harmonie. Alle sind darauf bedacht, die anderen nicht vor den Kopf zu stoßen oder gar zu verletzen. Meiner Erfahrung nach ist der Streichelkzoo in gründergeführten KMUs die häufigste Dysfunktion. Von Anfang an wurde dort viel Wert auf Kollaboration, Zusammenarbeit und Teamgeist gelegt, ein starkes Wir-Gefühl hat sich entwickelt, das niemand zerstören oder untergraben möchte. Dabei wird allerdings gerne vergessen, dass Führungsarbeit ein Kontaktsport ist.
Ein Leadership Team muss Ideen und Ziele hinterfragen, kritische Debatten führen und Annahmen anzweifeln. Wenn ineffektive Nettigkeit herrscht, geht es zu wie im Streichelzoo. Warnzeichen dafür sind:
- Vorschläge werden ohne viele Gegenargumente für gut geheißen
- Ungenügende oder schlechte Leistung wird nicht offen angesprochen
- Um andere nicht zu verletzen, werden kritische Themen umschifft
3. Mittelmaß
Im Gegensatz zu den ersten beiden Dysfunktionen, die auf Softskills basieren, geht es hier um Fähigkeiten und Kenntnisse: Den Teammitgliedern fehlt es an Wissen, Können oder Motivation, um die Performance in ihren jeweiligen Bereichen zu steigern. Gleichzeitig ist von Selbstkritik keine Spur, und der Wille, Fortbildungen zu machen oder sich gegenseitig zu fordern und zu fördern, glänzt durch Abwesenheit. Mit anderen Worten: Das Team ist für die Ziele des Unternehmens nicht geeignet. Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem, was das Team tun müsste und wozu es in der Lage ist. Die Warnzeichen in diesem Fall sind unter anderem:
- Herausforderungen werden nie richtig gelöst
- Aufgaben werden hin- und hergeschoben, da keiner der Verantwortung gewachsen ist
- Fokus auf unwichtige Themen, während kritische Aufgaben vernachlässigt werden
- Schwache Leistungskontrolle und Mangel an klaren KPIs und Feedbackschleifen
Erfolg durch Anpassung: Den Kurs neu setzen
Ich liebe den Satz „you get what you tolerate”. Er ist so einfach und doch so klar. Wenn man nichts tut, wird sich nichts ändern. Organizational Design Expert Arthur W. Jones drückt das Ganze so aus: „All organizations are perfectly designed to get the results they get.” (Alle Organisationen sind perfekt so aufgestellt, dass sie genau die Ergebnisse erhalten die sie erhalten). Es muss sich also etwas Fundamentales ändern, um neue Ziele zu erreichen.
1. Kollaboration statt Haifischbecken
Zunächst ist es unumgänglich, die Teammitglieder auf ihr Verhalten anzusprechen und ihnen aufzuzeigen, welche negativen Folgen dieses für das Unternehmen als Ganzes hat. Ein individuelles Coaching-Programm kann für den Einzelnen sinnvoll sein, mit dir als Vorgesetztem oder einem Spezialisten.
Sollte sich keine Besserung einstellen oder Coaching prinzipiell abgelehnt werden, muss in Erwägung gezogen werden, die betreffende Person gehen zu lassen – die langfristigen negativen Folgen wiegen zu schwer.
Als nächstes müssen klare Verhaltensregeln aufgestellt werden, ich nenne das die Definition der Kernwerte: Was sind die Verhaltensweisen, die wir von unserem Team erwarten? Dazu kann es hilfreich sein, gemeinsam eine ausführliche Definition für jeden Wert auszuarbeiten: Was bedeutet dieser Wert für unser Team? Wie werden wir ihn leben? Was werden wir nicht tun? Einmal definiert, dürfen Übertretungen nicht geduldet werden und müssen (jedes Mal) thematisiert werden: you get what you tolerate.
Niemand hat gesagt, dass Teamführung einfach ist 😉
Und last but not least: Die Vorbildfunktion ist maßgeblich, um Verhaltensänderungen im Team zu erreichen. Taten sagen mehr als Worte.
2. Debatten statt Streichelzoo
Um Änderungen in einem Team zu erreichen muss nach Kotters Acht-Stufen-Modell als erstes die Notwendigkeit einer Änderung aufgezeigt werden. Ohne das Einverständnis der Teammitglieder wird es schwierig werden.
Besteht dieses Einvernehmen, kannst du dein Team vor jedem Meeting auffordern, Konflikte offensiver anzugehen. Lobe Personen, die etwas Konfliktives ansprechen. Halte dich selbst zurück und warte, bis ein Anderer etwas anspricht, was im Unternehmen nicht funktioniert und reagiere positiv – auch dann, wenn es unbedeutend erscheint.
Gemäß P. Lencioni und seinem Modell ist die Grundlage für gesunden Konflikt im Team Vertrauen und psychologische Sicherheit. Mit anderen Worten: Man muss sich damit wohlfühlen, kritische Themen auf den Tisch zu legen.
Mehr Konflikt und Debatten, weniger Konsens-Entscheide und weniger Streichelzoo kann anstrengend sein und mag sich gar falsch anfühlen; das ist es aber nicht. Vielmehr ist es eine zentrale Aufgabe des Management-Teams zu diskutieren, Dinge in Frage zu stellen und anderer Meinung zu sein. Und beim Teamleiter liegt es, einen guten Prozess der Entscheidungsfindung zu etablieren, zu moderieren und genug Zeit und Raum für Debatten zu lassen, anstatt frühzeitig mit Entscheidungen einzuspringen, um Konflikte zu vermeiden. Erst in letzter Instanz, wenn wirklich keine Lösung in Sicht ist, schreitet er als Entscheider ein.
Lobe das Team nach einem anstrengenden Konflikt!
3. Ambition statt Mittelmass
Um weg vom Mittelmaß zu kommen, müssen zunächst die Rollen klar verteilt sein. Es ist schwer zu beurteilen, wer mittelmäßige Arbeit leistet, wenn unklar ist, wer eigentlich für was verantwortlich ist. Das Organigramm der Verantwortlichkeiten ist hier das beste Tool.
Wenn jemand aus dem Leadership Team seiner Verantwortung nicht gewachsen ist und sich die Wissenslücke nicht durch eine Fortbildung schließen lässt, heißt das in den meisten Fällen: Die Stelle muss neu besetzt werden. Und das besser früher als später. Wenn das Unternehmen eine Vision umsetzen und Ziele erreichen will, können keine Leute an Board bleiben, nur weil sie sympathisch sind.
Bei Neueinstellungen sollte nicht nur auf das Wissen und Können der Kandidaten geachtet werden, sondern auch auf ihre Ambition: der richtige Mix zwischen Ehrgeiz und Kollaboration.
Ein leistungsstarkes Team
Es ist sicherlich kein Zuckerschlecken, hart durchgreifen zu müssen im eigenen Team, mit den Leuten, die einem am nächsten stehen. Aber an erster Stelle sollte immer das Unternehmen stehen und nicht die eigenen Gefühle.
Auf der anderen Seite tut man Mitarbeitenden, die eigentlich keinen guten Job machen auch keinen Gefallen, wenn man sie so weitermachen lässt, obwohl offenkundig ist, dass es im Grunde nicht reicht .
Ist das richtige Team einmal im Boot, muss die Basis stimmen, damit das Team auch in Zukunft leistungsstark bleibt:
- Eine klar definierte und verschriftlichte Vision, die im Tagesgeschäft gelebt wird
- Klar definierte Verantwortlichkeiten
- Mittels Kernwerten klar definierte, gelebte Unternehmenskultur
- Klar definierte und abgestimmte gemeinsame und individuelle Ziele
Viel Erfolg!
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