Erfolgreiches Konfliktmanagement: konstruktive Interaktion

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie sind im Büro auf dem Weg zu einem Meeting. Als Sie an einem Tisch vorbeikommen, hören Sie folgende Unterhaltung:

Anna: Thomas, ich sehe, dass du dir mit diesem Projekt große Mühe gegeben hast, aber ich kann es so nicht akzeptieren. Qualität ist ein wichtiger Unternehmenswert für uns, und auch wenn du viel Zeit investiert hast, hat das einfach nicht die Qualität, die wir bieten wollen. Der Kunde wäre damit nicht zufrieden und würde uns nicht weiterempfehlen. Wie siehst du das Ganze?

Gestión de conflicto - interaccion constructiva

Thomas: Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, um mir Feedback zu geben. Das hilft mir ungemein, um besser zu werden und menschlich und beruflich zu wachsen. Eine Frage, weil ich dazulernen möchte: Ist dir das schon öfter an meiner Arbeit aufgefallen oder passiert es zum ersten Mal?

Ein solches Gespräch hört man äußerst selten, viel häufiger sind da Dinge wie:

Anna: Was hast du denn für einen Murks abgeliefert?
Thomas: Dann mach es doch selbst, wenn du es besser kannst!

Laut dem Buch Teams Unleashed von Philipp Sandahl und Alexis Phillips ist konstruktive Interaktion eine der Tugenden erfolgreicher Teams, die allerdings sehr schwer zu finden ist. Ich arbeite nun schon seit vielen Jahren mit Führungskräften von KMUs aller Größen, die aus unterschiedlichen Kulturen wie der schweizerischen, der deutschen oder der spanischen stammen, und nur die wenigsten machen es richtig – es besteht also dringender Verbesserungsbedarf auf dem Gebiet der konstruktiven Interaktion.

Manche Teams gehen Konflikten aus dem Weg: Schwierige Themen werden nicht oder nur indirekt angesprochen, um Auseinandersetzungen zu vermeiden. In anderen wiederum trifft das Gegenteil zu, es herrscht ein toxisches Klima, in dem sich die Personen gegenseitig ohne Rücksicht oder Mitgefühl angreifen. Auf lange Sicht sind beide Extreme eine Gefahr für jedes Unternehmen.

Die Geister aus der Kindheit

Unsere Erziehung hat einen großen Einfluss darauf, wie wir Konflikte bewältigen. In der Familie wird uns von klein auf vermittelt, wie damit umgegangen werden soll, und in vielen Haushalten sind Konflikte unerwünscht. In anderen wiederum ist schlechte Stimmung ein Dauerzustand und die Familienmitglieder gehen pausenlos aufeinander los. Diese Geister aus unserer Kindheit verfolgen uns auch später noch, wenn wir im Berufsleben mit Konflikten konfrontiert werden. Dass es Konflikte gibt, ist unvermeidlich, ja sogar notwendig.

Leider wird das Feedback jedoch oft auf einen „günstigeren Zeitpunkt“ in unbestimmter Zukunft verschoben. Das hat zur Folge, dass die emotionale Belastung im Hintergrund immer größer wird. Und irgendwann explodiert sie.

Die gute Nachricht bei der Sache: Konflikte entstehen nur, wenn das Thema von den Beteiligten als relevant empfunden wird. Oder anders ausgedrückt wäre es furchtbar, wenn es in einem Unternehmen keine Konflikte mehr gäbe, denn das würde bedeuten, dass dort Gleichgültigkeit herrscht.

Gehen wir also davon aus, dass Konflikte unvermeidlich sind, weil jeder Mensch anders ist und wir alle unterschiedliche Vorstellungen, Prioritäten und Visionen haben. Und Konflikte lassen sich zwar nicht immer lösen, aber es kommt darauf an, richtig damit umzugehen.

Zwei Arten von Konflikten

Es gibt zwei Arten von Konflikten, die sich grundlegend unterscheiden:

  • Funktionale Konflikte
    Diese Form von Konflikten tritt auf, wenn es Meinungsverschiedenheiten über Aufgaben gibt oder darüber, was wie gemacht werden soll. Es geht um Ideen, Prinzipien, Visionen oder Prozesse und es handelt sich um kognitive Konflikte.

    Ein Beispiel: Beim Festlegen der Rocks, den Prioritäten für das nächste Quartal, bestehen unterschiedliche Ansichten und festgefahrene Meinungen darüber, was wichtig ist und was nicht. Man kann nicht alles schaffen und irgendjemand muss sein Projekt hinten anstellen. Es findet eine lebhafte, funktionale Diskussion mit Argumenten und Fakten statt.
  • Beziehungskonflikte
    Im Gegensatz zum vorigen Punkt geht es hier um Personen und Werte. Im Fokus steht es, zu gewinnen und zu argumentieren, wer Recht hat. Beziehungskonflikte können schnell entgleisen und in persönlichen Angriffen, Schuldzuweisungen oder Beschimpfungen (Du bist doch immer...) ausarten.
    Es handelt sich um emotionale, dysfunktionale Konflikte, die Personen ausschließen, anstatt sie einzubinden.

    Nehmen wir als Beispiel dieselbe Situation wie oben, allerdings hat sich das Team festgefahren und die Situation beginnt zu entgleisen: „Du denkst immer nur an dich selbst“, „Genau wie beim letzten Mal“, „Du bist doch in der Vergangenheit stecken geblieben!“, „Bist du blind?“...

    Zu derartigen Konflikten kommt es in der Regel, wenn es nicht gelungen ist, einen funktionalen Konflikt zu lösen.

7 Tipps für erfolgreiches Konfliktmanagement

Zunächst benötigt man die individuelle Bereitschaft, Feedback sowohl zu geben als auch anzunehmen, und zu konstruktiver Interaktion. Die meisten Personen und Unternehmen behaupten zwar, diese Bereitschaft zu haben, doch in der Praxis wird das Ganze nur selten umgesetzt. Der Grund dafür ist häufig Zeitmangel. Wenn man es eilig hat und unter Druck steht, ist es leichter, auf Feedback zu verzichten und einfach weiterzumachen. Doch die indirekten Kosten für ein Team, in dem Konflikte unzureichend gehandhabt werden, sind enorm.

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Daher also sieben allgemein gültige Tipps für einen besseren Umgang mit Konflikten:

  • Vertrauen schaffen. Die Grundlage um Feedback geben und annehmen zu können, ist das Vertrauen, dass man sich anderen gegenüber verletzlich zeigen kann. Patrick Lencioni erklärt das wunderbar in seinem Buch Die fünf Dysfunktionen eines Teams.
  • Rechtzeitig beginnen: Am Anfang steht eine leichte Verstimmung, die sich in Frustration verwandelt und zu einem echten Problem für das Unternehmen werden kann. Warten Sie nicht, bis es so weit gekommen ist. Haken Sie bei den ersten Anzeichen von Ärger bei Ihrem Gegenüber nach und lassen Sie ihn wissen, wenn Sie selbst verärgert sind. Warten Sie nicht auf einen „günstigeren Zeitpunkt“.
  • Einstellung: Wenn es schwierig wird, kann man es sich leicht machen und die Situation mit einem„belassen wir es dabei“ oder „so schlimm wird es ja wohl nicht sein“ abtun. Konflikte sind manchmal schmerzhaft oder anstrengend, und wir sind es nicht gewohnt, den Finger lange auf den wunden Punkt zu legen. Bleiben Sie jedoch bei Ihrer Initiative und dem Willen, den Konflikt zu lösen. Diese Entschlossenheit ist der Schlüssel zu erfolgreichem Konfliktmanagement.
  • Wenn Sie anderer Meinung sind oder etwas beobachten, das nicht Ihren Vorstellungen entspricht, dann hören Sie zu, um zu verstehen! Unser erster Reflex ist es, zu argumentieren, um den eigenen Standpunkt zu verteidigen. Und je heftiger man argumentiert, desto mehr tut es auch der Gegenüber. Wenn niemand bereit ist, zuzuhören und den anderen zu verstehen, ist die Chance auf einen funktionalen Konflikt schnell verspielt und man schlittert in einen Beziehungskonflikt. Reden Sie nicht mehr, als Sie zuhören.
  • Anerkennung und Wertschätzung anderer Meinungen auch und gerade in einem Konflikt. Niemand hat die Wahrheit gepachtet und unsere Gedanken und Überzeugungen basieren auf unserer Lebenserfahrung. Jeder Standpunkt enthält ein Stückchen Wahrheit, und deshalb hat Ihr Gegenüber zumindest teilweise Recht. Und wenn es nur zu 5 % ist. Räumen Sie das ein. Hier bietet sich die Mirroring-Technik an: „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, möchten Sie damit sagen, dass...“
  • Wer entscheidet. Nicht für jeden Konflikt gibt es eine Lösung, und nicht immer findet man einen Konsens. Es ist sogar so, dass Konsens Unternehmen tötet. Um das zu verhindern, muss man zunächst festlegen, wer entscheidet. So kann es unterschiedliche Auffassungen geben, man hört einander zu, man lernt, man sieht andere Standpunkte... Doch wenn die Meinungen am Ende immer noch auseinandergehen, muss eine Person die Entscheidung treffen. Hierzu empfehle ich, mit dem Organigramm der Verantwortlichkeiten zu arbeiten, damit idealerweise zu 100% die richtigen Personen an der richtigen Stelle sind.
  • Suchen Sie Lösungsansätze und Handlungsmöglichkeiten. Wie oben erwähnt hat niemand die Wahrheit gepachtet; seien Sie deshalb großzügig und integrativ.

Konflikte gibt es, das ist unvermeidlich. Doch jedes Team, egal ob groß oder klein, sollte lernen, damit umzugehen, um positive Energie daraus zu schöpfen und nicht nur negative. Deshalb empfehle ich Ihnen, mit Ihrem Team ein Meeting darüber abzuhalten:

  • Lesen Sie gemeinsam diesen Artikel und besprechen Sie, was jeder einzelne wahrnimmt, wo es Verbesserungsmöglichkeiten gibt und was aktuell gut funktioniert
  • Wie laufen Konflikte im Team ab? Was klappt gut, was sollte verbessert werden?
  • Führen Sie ein Codewort ein, das verwendet werden kann, wenn ein funktionaler Konflikt in einen Beziehungskonflikt abzurutschen droht
  • Vereinbaren Sie, wie und wann man tiefer in einen funktionalen Konflikt eintauchen kann


Nächste Schritte...

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