Letzte Woche war ich in Zürich bei einem Unternehmerverband eingeladen, um einen Vortrag zum Thema Unternehmensführung zu halten. Etwas über 50 Unternehmer mit Firmen in der Größenordnung von fünf bis etwa 200 Mitarbeitern waren zugegen. Nach etwa einer halben Stunde kam die Frage auf, wie die Unternehmenskultur verbessert werden kann. DasThema stieß auf so viel Interesse, dass ich mich inspiriert fühlte, diesen Artikel, den Sie gerade lesen. zu verfassen.
Firmenkultur ist das, was die Mitarbeitenden über das Unternehmen sagen, wenn der Chef gerade nicht anwesend ist.
Laut ChatGPT bezieht sich Unternehmenskultur auf „die gemeinsamen Werte, Einstellungen, Normen und Praktiken, die das Verhalten und die Interaktionen von Personen innerhalb einer Organisation prägen. Es umfasst die kollektive Persönlichkeit und den Charakter eines Unternehmens und beeinflusst, wie Mitarbeiter ihre Arbeit wahrnehmen, Entscheidungen treffen und mit Kollegen und Kunden interagieren.“
Firmenkultur ist also etwas Beständiges, etwas das jeden Tag passiert und durch alle Personen im Team geschaffen wird. Deshalb sind zum Beispiel Teambuilding-Events zwar eine sehr nette Sache, eignen sich aber nicht, um eine Firmenkultur zu bilden. Es ist eher umgekehrt: wenn Sie eine gesunde Firmenkultur haben, dann gibt es auch Team-Events.
4 verschiedene Firmenkulturen
Vereinfacht ausgedrückt gibt es vier verschiedene Firmenkulturen, wie Marc O`Donnell in einem Artikel im Forbes Magazine schreibt:
- Command and control
Wie der Name schon sagt, handelt es sich hier um eine Top-Down Kultur, in der der Chef sagt was getan werden soll – und muss. Sonst ist man ganz schnell raus aus dem Unternehmen. Diese Art von Kultur kann funktionieren, gerade bei kleineren Unternehmen. Sobald aber ein Unternehmen wächst und ein Middle-Management gebraucht wird, wird es schwer, fähige Personen zu finden, die sich so eine Behandlung gefallen lassen.
- Glücklich miteinander
Am anderen Extrem finden sich die Firmen wieder, in denen alle lieb zueinander sind. Man hat viel Spaß zusammen und wertschätzt sich gegenseitig. Leider werden jedoch unangenehme Themen nicht angesprochen, sondern umschifft, was den langfristigen Erfolg des Unternehmens gefährdet. - Langweiliges Chaos
Dann gibt es noch die Unternehmen, wo keiner sagt wo es lang geht, aber auch keine gute Stimmung herrscht. Jeder arbeitet so ein bisschen vor sich hin, ohne richtig happy zu sein. Das ist die „weiß nicht, ich mache nur meinen Job hier“ Kultur. - Vorsätzlich definierte Kultur
In diesen Unternehmen besteht eine vorsätzlich definierte und dem Unternehmen dienende Kultur, basierend auf den Werten und der Mission des Unternehmens. Produktivität und gute Stimmung gehen Hand in Hand.
Es ist unschwer zu erkennen, dass die vierte und letzte (hoffentlich) die Option der Wahl der meisten Unternehmer ist. Nur leider sieht die Realität oft anders aus: oft besteht Laissez-faire (glücklich miteinander), und wenn das dann nicht zu den gewünschten Ergebnissen führt, schlägt es um in Command and control.
Wie baut man also die richtige Firmenkultur für sein Unternehmen auf? Ein Spoiler vorab, einfach ist es nicht. Es erfordert Beständigkeit und Anstrengungen und manchmal auch Entscheidungen, denen man lieber aus dem Weg gehen würde. Aber der Preis ist es in jedem Fall Wert, denn es ist der einzige Weg, das Potenzial eines Unternehmens zu erreichen.
Der Weg zur gewünschten Unternehmenskultur
Über Firmenkultur gibt es haufenweise Bücher und die Liste der Dinge, die man dafür tun kann, ist schier endlos. Die Kunst liegt allerdings darin, nicht möglichst viel zu machen, sondern sich auf weniges zu konzentrieren, auf das Essenzielle. Mehr Fokus, mehr Impakt. Wenn die essenziellen Dinge zu 90% umgesetzt sind, dann kann man sich den vielen, vielen anderen Optionen widmen. Aber andersherum wird es leider nichts mit einer starken Firmenkultur.
Was sind also die 5 essenziellen Bauteile einer starken Firmenkultur?
1. Kernwerte definieren
Die Kernwerte des Unternehmens definieren mit wenigen Konzepten, idealerweise zwischen drei und sieben, wie das Miteinander im Unternehmen ablaufen soll. Ich bezeichne die Kernwerte auch gerne als Verhaltensmuster. Als Beispiel hier die fünf Kernwerte meines Unternehmens: Helfen bevor ich etwas erwarte. Respektvoller Umgang. Machen was ich zusage. Immer mein Bestes geben. Lust zu Lernen.
Egal ob zwei oder 200 Personen, alle Personen im Team müssen den Test der Kernwerte bestehen. Aus diesem Grund sind es auch nur drei bis maximal sieben, weniger ist mehr. Um mehr darüber zu erfahren, wie die Kernwerte ausgearbeitet werden können, empfehle ich den Artikel (Englisch) von Patrick Lencioni auf HBR oder mein Buch, Das motivierte Unternehmen.
2. Klarheit, wo die Reise hingeht
Zu einer starken Firmenkultur gehört auch, dass alle an Bord darüber im Bilde sind, wo die Reise hingeht. Die Kernwerte sind ein guter Start, um zu wissen, wer im Boot sitzen soll. Aber wenn jeder in eine andere Richtung rudert, ist ein konstruktives Miteinander unmöglich.
Das beste Tool, um diese Klarheit zu gewinnen ist der VTO, der Vision-Traction-Organizer. In diesem Tool sind acht Punkte gelistet und das Leadership Team des Unternehmens sollte klare Antworten auf jeden Punkt haben. Anschließend kann die Vision - der Reiseplan, wenn man so will - an das gesamte Team regelmäßig einmal im Quartal kommuniziert werden.
3. Die Kernwerte leben
Die Kernwerte festlegen ist gut. Sie an die Wand hängen ist schön. Aber wirklich hilfreich sind sie nur, wenn sie auch gelebt werden. Was heißt das eigentlich?
- Einstellen: In einem Buch über Spotify heißt es, hire for values, train for skills (Gemäß Kernwerten einstellen, gemäß Fähigkeiten fortbilden). Ist in einem Einstellungsprozess eine Person mit den richtigen Fähigkeiten und Kenntnissen erst einmal gefunden, ist es meist sehr schwer den Rückzieher auf Grund von unpassenden Kernwerten zu machen. Das ist der Anfang vom Ende. Wenn die Tür für alle aufgeht, wird es unmöglich eine starke Firmenkultur zu erschaffen. Deshalb haben in diesem Sinne erfolgreiche Firmen das Auswahlverfahren auf den Kopf gestellt und filtern erst nach Werten, dann nach Fähigkeiten.
- Review: Mindestens jedes halbe Jahr sollte das Unternehmen alle Mitarbeitenden proaktiv beleuchten, um gegebenenfalls Personen zu identifizieren, die nicht gemäß den festgelegten Werten agieren. Ein anschließendes Coaching hilft manchmal. Hilft es aber nicht, sollte auch die Möglichkeit einer Entlassung in Erwägung gezogen werden.
- Entlassen: Nur wenn Sie Konsequenzen ziehen, werden Sie auch die Firmenkultur bekommen, die Ihnen vorschwebt. Denn was immer Sie tolerieren, Sie werden mehr davon bekommen.
4. Klarheit bei den Verantwortlichkeiten
Ein essenzieller Baustein einer starken Firmenkultur ist die Produktivität. Nimmt man diese aus der Gleichung, sind wir ganz schnell bei der Glückliches-Miteinander-Kultur.
Zum Thema Produktivität gibt es bei Amazon über 4.000 Bücher. Da fällt es schwer, den Fokus zu setzen. Wenn wir bei EOS (Entrepreneurial Operating System) im Laufe der Jahre und der Betreuung von über 10.000 Leadership Teams eines gelernt haben, dann ist es, dass das Organigramm der Verantwortlichkeiten die Basis für Produktivität ist.
Legen Sie fest, wer im Unternehmen für was verantwortlich ist und identifizieren Sie die Issues, wo Sie nicht die richtigen Personen auf den richtigen Stellen haben. Nehmen Sie sich jedes Quartal einen dieser Issues vor und lösen Sie ihn an der Wurzel.
5. Führungsstil
Mitarbeiter verlassen nicht die Firma, sondern ihren Chef. Einer der häufigsten Kündigungsgründe ist der Vorgesetzte. Und der Chef setzt nun mal den Standard was Werte, Kommunikation und Umsetzung angeht. So wie der Chef, so läuft auch sein Laden. Der Fisch stinkt vom Kopf. Brauchen Sie noch mehr schlaue Sprüche…? 😉
Wahrscheinlich gibt es so viele schlaue Sprüche dazu, weil es einfach stimmt!
Aber die wenigsten werden als guter Manager oder Leader geboren. Die allermeisten, wie auch ich selbst, müssen es lernen. Geben Sie Ihrem Management das notwendige Training und Coaching, um den richtigen Führungsstil zu entwickeln, der zu Ihrer Firmenkultur passt. Daniel Golemann hat mit seiner Arbeit zu den sechs Führungsstilen und ihren Auswirkungen hervorragende Arbeit geleistet.
Noch einmal zusammengefast, die fünf essenziellen Punkte für eine starke Unternehmenskultur:
- Klarheit, welche Persönlichkeiten ins Team passen
- Klarheit, wo die Reise hingeht
- Die Werte als Eckpfeiler der Unternehmenskultur leben
- Klarheit, wer für was verantwortlich ist und die richtigen Personen auf den richtigen Stellen haben
- Die adäquaten Führungsstile nutzen
Achtung, fertig… los!
In den allermeisten Firmen läuft eine Unterhaltung zum Thema Firmenkultur so ab: „In letzter Zeit herrscht nicht so richtig gute Stimmung im Team.“ „Stimmt, sehe ich auch so.“ „Wir sollten mal wieder ein Event machen.“ „Gut, wer plant das?“… Und damit scheint das Issue gelöst. Bis es in zwei Monaten wieder da ist, und dann wieder, und wieder, und wieder.
Ja, es steckt ein wenig Arbeit dahinter, eine starke Unternehmenskultur gezielt aufzubauen. Aber bitte lassen Sie sich davon nicht abschrecken, denn es lohnt - und rechnet - sich. Der ROI (Return on Investment) von einem motivierten Team und einer starken Kultur ist riesig.
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